Dienstag, 12. Januar 2010

So nah und doch so fremd

Das Kellerpoche Freiburg und die Theatergruppe Bösingen überzeugen mit ihrer ersten Gemeinschaftsproduktion: dem Zweipersonenstück «Kleine Eheverbrechen».
[...]
Auf 21 Ehejahre blicken Lisa und Gilles zurück, 21 Jahre, in denen es glückliche Momente gab, in denen aber auch so einiges schief gelaufen ist. Doch was wäre, wenn man die schlechten Zeiten einfach ausradieren und sein Eheleben neu erfinden könnte? In dieser Situation befindet sich Lisa, nachdem ihr Mann bei einem Unfall sein Gedächtnis verloren hat.

Dies ist die Ausgangslage von Eric-Emmanuel Schmitts Stück «Kleine Eheverbrechen», mit dem die Theatergruppe Bösingen und das Kellerpoche Freiburg am Wochenende im Freiburger Kellertheater Premiere feierten. Vor vollen Rängen gelang Brigitta Rusca und René Waeber eine überzeugende Darstellung eines Ehepaares, das sich nahe ist und doch so fremd geworden, das sich aufreibt zwischen gegenseitigen Vorwürfen, Misstrauen und Zweifeln, sich immer tiefer verstrickt in einem Netz aus Lügen und Gemeinheiten - und doch den Glauben an seine Liebe noch nicht ganz verloren, den Kampf um die Ehe nicht aufgegeben hat.


Spass, Spannung, Drama
Schmitts Stück, ein Mix aus Komödie, Thriller und Psychodrama, hat alles, was es für einen vielseitigen Theaterabend braucht: Es ist lustig, etwa wenn Lisa das Bild des perfekten Ehemannes zeichnet, der nicht nur ein erfolgreicher Autor und traumhafter Liebhaber ist, sondern sich auch gerne mit seiner Frau in Kleiderboutiquen aufhält und leidenschaftlicher Teetrinker ist - wobei Letzteres Gilles besonders beunruhigt. Es ist spannend, wenn man sich mehr und mehr fragt, ob Gilles' Unfall vielleicht doch kein Unfall war und seine Amnesie nicht so komplett, wie er vorgibt.
Es ist philosophisch, wenn die beiden über die Liebe sinnieren und zu Schlüssen kommen wie: «Wenn du mich liebst, liebst du mich und nicht mein Abbild.» (Gilles) oder: «Wir können uns vielleicht trennen, aber wir können uns nie verlassen.» (Lisa). Und es ist dramatisch, wenn die Fassade bröckelt und zum Beispiel Lisas Alkoholprobleme offenbar werden.

All diese Facetten des Stücks brachte das Bösinger Schauspielerduo Brigitta Rusca und René Waeber meisterhaft auf die kleine Bühne des Kellerpoche. Ohne ins Melodramatische abzudriften, zogen sie das Publikum mit einfühlsamem Spiel in ihren Bann, sorgten aber auch immer wieder für auflockernde Schmunzler.

Und René Waeber gebührt ein besonderes Lob dafür, dass er sich von Husten und Fieber nicht von seinem Auftritt abhalten liess - eben doch ein echter Mann, dieser Gilles ...

Das Stück wird noch bis zum 1. April an verschiedenen Orten in den Kantonen Freiburg und Bern gezeigt. Alle Daten und Zeiten unter: www.theater-zyt.ch.


Quelle: Freiburger Nachrichten

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen