Montag, 1. Juni 2009

"Junge" in der Politik

Oft wird an unseren Sitzungen davon gesprochen, dass "die Jungen" vermehrt für die Politik begeistert werden sollen. Doch wer sind "die Jungen" in diesem Kontext?

Schauen wir die Schweizerische Nationalversammlung an: Das Durchschnittsalter der Nationalräte liegt seit längerer Zeit bei gut 50 Jahren, das der Ständeräte bei rund 55 Jahren. Quelle

Und der Bundesrat? Über 59 Jahre Quelle

Und der Gemeinderat von Bösingen? Gute Frage, dürfte aber auch in den 50ern liegen...

Davon ausgehend, dass nur wenige der Politiker über 70-jährig sind lässt sich daraus errechnen, dass nur ganz wenige Politiker unter 40-jährig sind.

Aber weshalb interessieren sich viele erst so spät für die Politik? Ich kann das nur anhand meiner eigenen Vergangenheit in Thesen formulieren:
- Junge bezahlen keine/kaum Steuern: Warum sollte es also eine Rolle spielen, was damit geschieht?
- Man wohnt bei den Eltern: Woher kommt das Frischwasser, wohin geht das Abwasser? Aus dem Wasserhahn, in den Abfluss... ; )
- Die Welt steht einem offen: Wieso sollte man sich also für das altbekannte Dorf interessieren?
- Ausbildung first! Und Freunde treffen!

Geändert hat es dann erst einige Jahre später, als ich nach der Berufszeit in Zürich mit der festen Absicht zurückgekommen bin, sesshaft zu bleiben. Und als dann die erste Steuerrechnung kam! Zwar war der Lohn mit dem Stellenwechsel auch ein bisschen gestiegen, aber die Steuern haben sich glatt verdoppelt! Und da - im Alter von 31 Jahren - fand ich, dass es wohl an der Zeit wäre, mich politisch zu engagieren und ich meldete mich bei der lokalen FDP.

5 Kommentare:

  1. Grundsätzlich stimme ich mit Andreas überein, dass bei vielen Jungen oft andere Interessen Vorrang vor Politik und Gesellschaftsthemen haben.

    Ein Aspekt scheint mir jedoch noch zu wenig berücksichtigt, der bei weitem nicht nur die Jungen betrifft:
    Wir leben in einer "über-individualisierten" Wohlstandsgesellschaft, in welcher wir hervorragend über die Runden kommen, ohne uns auch nur im geringsten engagieren zu müssen. Als Mitglied dieser Gesellschaft darf ich, wenn es um Engagement geht, immer vornehm zur Seite stehen und trotzdem ist es mir erlaubt, Leistungen der Allgemeinheit einzufordern (Sporteinrichtungen, Kultur, Infrastruktur etc.)- wenn nötig lauthals - einzufordern. Ich werde dafür weder scheel angeschaut, noch als Drückeberger eingestuft.

    Man muss kein grosser, kritischer Geist sein um vorauszusehen, dass die geschilderte Entwicklung in einer Sackgasse endet. Und darin sehe ich eine grosse Chance:
    Gerade in der FDP müssten wir aufgerüttelt werden. Unsere Ur-Väter, die Radikalen des ausgehenden 19. Jahrhunderts, lehnten sich auch gegen die damaligen, zukunftsfeindlichen Gesellschaftsstrukturen auf und begannen zu verändern. Könnte nicht gerade dies Motivation und Herausforderung zugleich für neue, junge, politisch Interessierte sein?

    Vielleicht müsste die FDP Bösingen den "Prix Engagement" lancieren und damit ein Zeichen in eine umgekehrte Richtung setzen.

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  2. Finde Blogs gut. Was das Mitwirken von Jungen angeht, bin ich der Ansicht, dass die wenigen jüngeren die sich wirklich interessieren von der Behäbigkeit des Systems abgeschreckt werden. Die politischen Diskussionen über vorwiegend nationale Themen finden innerhalb der Familie oder dem Freundeskreis statt. Ausserdem fehlen (vor allem lokal) konkrete erstrebenswerte Ziele (Ziel = Definition des Endzustandes) sowie eine gelebte Partei- und Diskurskultur. Der Allmacht Gemeinderat steht auf lokaler Ebene nichts gleichwertiges gegenüber.
    Jetzt erklär mal einem 25 jährigen, warum er sich in der Politik engagieren soll? In einem Verein sieht der gleiche Mensch direkt ein Resultat. Der Junge Mensch von heute lässt sich auch nicht mehr schubladisieren! Und bevor er aus seiner Sicht faule Kompromisse eingeht, enthält er sich lieber und kümmert sich um seinen eigenen Kram.

    @Koni: wer lauthals etwas einfordert, der engagiert sich doch, oder etwa nicht?

    Und ausserdem: die Politik überlässt dem Menschen ja keine Freiheit mehr resp. Gestaltungsspielraum, sie bevormundet den Bürger. Das heisst auch, dass es praktisch kein Risiko mehr gibt. Alles ist doppelt und dreifach abgesichert und reglementiert. Interessengruppen versuchen unabhängig vom Gesamtzusammenhang zu ihrem Vorteil zu politisieren. Beispiel Alkoholwerbung im TV: um an 10 Mio. Fördergeld der EU zu kommen (Künstler, Fernsehmacher), will man Alkoholwerbung im TV zulassen um dann mit 2 Mio eine Kampagne gegen Alkoholmissbrauch zu lancieren (BAG), um damit die Kosten und Folgen des Missbrauchs (mehrere hundert Mio) zu reduzieren. Da ist doch was faul. Das ganze System wird von den heutigen Akteuren ausgenutzt und an die Wand gefahren. Linke Tasche, rechte Tasche. So hat jeder was davon. Die Fernsehmacher, die Werber, die Bierbrauer, das BAG, die Medizin, die Kassen. Bezahlen tut am Schluss aber nur einer, der einzelne Mensch. Zahlt Billag, kauft das Bier, zahlt Steuern, ignoriert die Warnung, wird krank, zahlt Krankenkasse, wird gesund, stirbt mit 70 trotzdem.

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  3. Wir leben in einer "über-individualisierten" Wohlstandsgesellschaft, in welcher wir hervorragend über die Runden kommen, ohne uns auch nur im geringsten engagieren zu müssen.

    Grundsätzlich ist die Individualisierung doch genau das, was durch eine liberale Auffassung von Gesellschaft und Wirtschaft anno dazumal gefördert werden sollte. Sie ist doch unweigerlich mit unserem Wohlstand verknüpft!

    Unter dem gleichen Licht ist auch die "Entfremdung" der Jugend von der Politik zu verstehen. Unsere Gesellschaft ist nämlich nicht nur durch Individualisierung geprägt, sondern auch durch Spezialisierung und Aufgabenteilung. Aus dieser Sichtweise kann man argumentieren, dass (wie in den meisten anderen Bereichen unseres Alltages auch) in der Politik Spezialisten am Steuer sind, auf die sich der Rest gutgläubig verlässt.

    Dass die Resultate dieser Spezialistentruppe so schlecht nicht sein können (auch wenn man durch die reisserische Berichterstattung in den Medien anderer Auffassung sein könnte), zeigt nun aber gerade die Nicht-Partizipation der Jugendlichen im Besonderen, vieler Mitmenschen im Allgemeinen. Würden Politiker aus Sicht der Mehrheit der Mitmenschen nur untolerierbaren Bockmist produzieren, wären die Spezialisten längst abgesetzt worden.

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  4. Ich finde diese Blogs super! Gute gemacht Herr Ballmoos:-)

    Hier ist mein Kommentar zum Thema junge in der Politik, respektive, wie ich in zur Politik gestossen bin:



    Schon als kleiner Junge bekam ich die politischen Meinungen meiner Familie in die Wiege gelegt. Mein Vater, vertrat (fast) immer die Wirtschaft, wichtige Schweizer Werte wurden mir von ihm mitgegeben. Meine Mutter hatte häufig die Gegenparole, auch ihre Politik, ihre Meinungen haben mich interessiert und beeinflusst. Bruder und Schwester, beide keine fanatischen Politik-Anhänger, aber trotzdem mit eigener Meinung, auch sie haben mir ihre Argumente, Denkweisen und Ansichten mit auf den Weg gegeben. Es wird häufig über Politik diskutiert, sei es am Tisch, vor dem Fernseher, an Familien-Essen, ich wurde sicherlich durch meine Familie auf die Politik aufmerksam.
    Der Politik-Mix welcher wir in unserer Familie haben, hat mich motiviert, mich schon in jungen Jahren zu engagieren, respektive, die Welt wie sie hier und jetzt geschieht, nicht nur von älteren Politikern „leiten“ zu lassen, nein, auch ich möchte – wenn auch nur minimal – mithelfen, ein kleines Stück meiner eigenen Zukunft zu sichern, und vor allem mitzubestimmen.
    Als ich vor einem Jahr im Nationalratssaal sass und Petitionen für die Jugendsession erarbeitete wusste ich, dass ich damit vielleicht etwas erreichen kann. Ein schönes Gefühl wenn man 250 motivierte junge, vielleicht zukünftige Politiker sieht, und sich auch austauschen kann. Eine weitere Motivation, in solch jungen Jahren Politik zu (er)-leben...
    Warum soll Politik nur von älteren Menschen betrieben werden? Gerade für eine liberale, doch eher wirtschaftsorientierte Partei wie die FDP, sind „Junge“ die Zukunft. Ich möchte gerne in dieser kleinen Schicht von Politik-Sprösslingen mitwirken, vor allem auf kommunaler Ebene ist sicher Einiges zu bewegen.

    Nicolas P. Stämpfli, Gymnasiast

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  5. Andrea Geissbühler6. November 2009 um 10:41

    Ich bin 33 jährig und seit 2Jahren für die SVP im Nationalrat. Mit 23jährig bin ich in die JSVP eingetreten, habe mich aber politisch nicht sehr eingesetzt und engagiert. Ich hatte vor dem Nationalratsmandat auch kein politisches Amt inne. Meine Interessen waren beim Erlernen meiner Berufe (bäuerliche Haushaltungsschule Hondrich, Kindergärtnerin, Heilpädagogische Reitlehrerin, Jugend+Sport Leiterin und nun Polizistin). Dann brauchte ich viel Zeit um meine Sportarten aus zu üben und vor allem auch für meine Pferde. So blieb damals keine Zeit für die Politik. Da meine Mutter aber politisch sehr aktiv war/ist, wurde zuhause viel über alle Themen gesprochen und so wusste ich schon, was politisch so läuft. Ich denke so wie mir, geht es vielen jungen Menschen, die Jungen haben die Priorität bei der Ausbildung und den Hobbys und dann kommt erst die Politik. Ich finde dies auch nicht schlecht, denn je mehr man im Leben steht, umso mehr kann man dann auch differenziert Argumentieren und die Sachen sehen. Klar ist es toll, wenn sich die Jungen früh politisch einsetzen, wir bei der SVP/JSVP haben zum Glück recht viele Junge, welche aktiv politisieren, diese müssen dann aber auch ernst genommen werden und gefördert. Ich hoffe aber, das sich viele junge Menschen für das Wohl unserer Schweiz einsetzen, denn wir brauchen sie!

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