Mittwoch, 12. Februar 2014

Aufarbeiten der Abstimmung über die Initiative "Gegen Masseneinwanderung"

Am vergangenen Sonntag hat das Stimmvolk die Initiative "Gegen Masseneinwanderung" der SVP angenommen. Obwohl dies primär ein nationales Thema ist, betrifft es uns. Die Gemeinde Bösingen hat die Initiative mit 52.7% der Stimmen angenommen. Ohne grosse Umfragen muss ich daraus schliessen, dass auch einige Mitglieder der FDP Bösingen ein Ja eingelegt haben.

Ich bin persönlich tief erschüttert über dieses Ergebnis und suche deshalb den Dialog mit euch. Als Ortspartei sind wir am nähesten an der Bevölkerung und ich möchte diese Chance nun nutzen!

Bundesrat, Nationalrat und Ständerat, die in der Schweiz für die Aussenpolitik und namhaft für die Wirtschafts-, Migrations- und Regionalpolitik zuständig sind, haben eine Ablehnung empfohlen. Wie seid ihr zur Meinung gelangt, dass diese Initiative unterstützenswert ist?

Sämtliche Gewerbe-, Arbeitgeber- und Arbeitnehmer-Verbände haben eine Ablehnung empfohlen. Wie seid ihr zur Meinung gelangt, dass diese Initiative unterstützenswert ist?

Ein Grossteil von euch ist selbst oder vor Generationen aus dem protestantischen Kanton Bern nach Bösingen gezogen. Und das war in den letzten Jahrzehnten eine echte Masseneinwanderung! Scheint euch das heute falsch? Weshalb erachtet ihr die Landesgrenzen als "die richtige Grenze" und nicht die Kontinent-, Kantons- oder gar die Konfessionsgrenze? Wo wärt ihr heute, wenn ihr oder eure Vorfahren keine Niederlassungsfreiheit gehabt hätten? Wie seid ihr zur Meinung gelangt, dass diese Initiative unterstützenswert ist?

Die FDP versteht sich als wirtschaftsnahe und pragmatische Partei. Wir glauben an Freiheiten und eine positive Zukunft durch Handel und Wirtschaftswachstum! Wir sehen berufliche Perspektiven und Chancen als Grundlage von Frieden und Fortschritt! Die nationale und kantonale FDP sowie die FDP Sense und Bösingen haben jeweils mit sehr grosser Mehrheit eine Ablehnung empfohlen. Wie seid ihr zur Meinung gelangt, dass diese Initiative unterstützenswert ist?

In den letzten Tagen wurde geschrieben, dass "die Politik die Sorgen und Ängste der Bevölkerung zu wenig ernst genommen habe". Wer von euch war an der Mitgliederversammlung der FDP Sense in Düdingen und hat bei der Parolenfassung zu dieser Initiative irgend eine Angst oder Sorge geäussert? Wer hat das Gespräch mit uns gesucht, um seine Bedenken einzubringen? Was sind denn eure Ängste, die zur Ja-Stimme geführt haben? Wieso denkt ihr, dass diese Initiative ein wirksames Mittel dagegen ist? Wie seid ihr zur Meinung gelangt, dass diese Initiative unterstützenswert ist?

Die SVP hat 1992 den EWR bekämpft und den bilateralen Weg propagiert. Das Stimmvolk hat diesen Weg unterstützt und die Schweiz ist - mit enormem Verhandlungsaufwand, unter Inkaufnahme einer langjährigen Wirtschaftsflaute und hohen Kosten - immer noch daran, mit den europäischen Nachbarn einzelne Verträge auszuhandeln. Und nun bekämpft die selbe SVP ihre eigene Lösung! Seit Jahren streut und pflegt diese Partei gezielt Zukunftsangst und Fremdenfeindlichkeit, präsentiert einfach klingende aber wirkungslose Rezepte dagegen und zeigt Scheinlösung um Scheinlösung, um sich am Ende als Opfer von "denen da oben" darzustellen. Wie sollte diese Partei nun plötzlich etwas aussenpolitisch Sinnvolles vorschlagen? Wie seid ihr zur Meinung gelangt, dass diese Initiative unterstützenswert ist?

Bitte meldet euch - ich möchte verstehen, was zu diesem Ergebnis geführt hat. Ihr könnt mich telefonisch oder per Brief kontaktieren. Und natürlich dürft ihr gerne das Kommentarfeld nutzen.

Euer Präsident
Andreas

1 Kommentar:

  1. Mir persönlich ist dieses JA auch absolut unverständlich, weil es nicht nur mit liberalen Grundwerten kollidiert, sondern auch ausgesprochen wirtschaftsfeindlich ist.
    Aus den in den vergangenen Tagen geführten Diskussionen entnehme ich, dass ein grosser Teil und vielleicht auch der entscheidende Teil der JA-Stimmenden "nur" ein Zeichen setzen wollte. Ein Zeichen gegen die Auswirkungen, welche auf den Strassen in der rush-hour, auf dem Wohnungsmarkt etc. zu finden sind. Es ist aber gelinde gesagt kurzsichtig und wenig staatsbürgerlich, in dieser Art mit dem Feuer zu spielen. Denn nun brennt es und die Feuerwehr (sprich Bundesrat und Diplomatie) muss sich erst noch bemühen ohne Lärm an den Schadensplatz zu fahren.

    Warum ist es denn überhaupt so weit gekommen?
    Aus meiner Sicht ist das Tempo das Problem. Die Schweizer Wirtschaft wuchs in den letzten 10 Jahren im Gegensatz zu den Volkswirtschaften in den EU-Staaten weit überproportional. Das löste einen Sog aus. Wir brauchten die Arbeitskräfte (und brauchen sie noch) und zwar innert kürzester Zeit. Durch die Kurzfristig- und Schnelligkeit konnten sich die Systeme (Strassen, ÖV, Wohnungsmarkt etc.) nicht an den Zuwachs anpassen, was zu Unmut führte. Wir sind durch unseren Wohlstand zu verwöhnten Einzelkindern verkommen. Und dieses verwöhnt Sein kann den unbedachten Bürger und die unbedachte Bürgerin zur Abrechnung an der Urne führen.
    Aber noch einmal: Solch trotziges Markieren individueller Unpässlichkeiten führt zu staatspolitischem Schaden in nicht bezifferbarem Ausmass.

    Konrad Gerster, Bösingen

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